Workshop „Verfasste / öffentliche versus private Religiosität“ in Regensburg 07.03.17
In einem interdisziplinären wissenschaftlichen Kolloquium spürten sechs Referenten (Prof. K. Buchenau, Prof. G. Duijzings, Prof. K. Boeckh, Dr. N. Beljakova, Dr. H. Grunert und Dr. Dietmar Schon o.p.) der Frage nach, wie Kirchen auf von außen auferlegte Veränderungen reagieren, um ihrem Auftrag bestmöglich nachzukommen.
Zwei der Referate zeigten auf: Politische Veränderungen können kirchliche Strukturen stärken und eine überkommene, eher brauchtumsmäßige Laienfrömmigkeit zurückdrängen; sie können sogar Rahmenbedingungen schaffen, die Gläubige stimulieren, von einer Kirche zu einer anderen zu wechseln.
In weiteren Referaten wurde herausgearbeitet, dass Kirchenverfolgungen wie im Bereich der früheren Sowjetunion noch weit drastischere Auswirkungen nach sich ziehen, wenn öffentlicher kirchlicher Gottesdienst verboten und „Kirche“ in den Untergrund abgedrängt wird: einerseits wurde versucht, Gottesdienst und Sakramentenspendungen so gut wie möglich im Verborgenen fortzusetzen, andererseits traten nicht selten Laien in die Rolle der verhafteten und deportierten Kleriker ein, Gemeinden zusammenzuhalten; nur so gelang es vielerorts, zumindest nicht-sakramentalen Gottesdienst aufrechtzuerhalten. Eine andere Reaktionsweise ist die Betonung und Ausdifferenzierung bereits bewährter Formen von Einzelseelsorge, wenn kirchliches Wirken in der Öffentlichkeit durch staatliche Gewalt erschwert oder unmöglich gemacht wird. Manche Akzentverlagerungen bleiben dabei sogar dann wirksam, wenn die Verfolgungssituation wie in den post-sozialistischen Gesellschaften Osteuropas überwunden werden konnte.
Nach den Worten einer Referentin ist der vielleicht wichtigste Ertrag des Workshops der gewonnene Einblick in die Vielfalt von Formen, Mechanismen, Inhalten und in das Ausmaß, mit der kirchliche Institutionen und Gläubige auf staatlich-politische Versuche einer Verdrängung von „Religion“ reagiert haben - ein Einblick, der Vertiefung und Fortsetzung verdient.