Studienwoche einer Delegation der Fakultät für orthodoxe Theologie der Universität Sofia (18.-25.9.2017)
Das Ostkircheninstitut der Diözese Regensburg war in der Woche von 18. bis 25. September Gastgeber für eine Gruppe von 10 Professoren, Absolventen und Studenten der Fakultät für orthodoxe Theologie der Universität Sofia „St. Kliment von Ohrid“. Die Studienwoche war dem Thema „kategoriale Seelsorge“ gewidmet. Mit tatkräftiger Unterstützung von Dr. Christoph Seidl, dem Leiter der diözesanen Dienstelle „Seelsorge für Berufe im Gesundheits- und Sozialwesen“ konnte eine Reihe von höchst kompetenten, erfahrenen Referenten gewonnen werden, die die orthodoxen Gäste mit einer ganzen Reihe verschiedener Seelsorgsbereiche in der Diözese Regensburg vertraut machten: die beiden Gefängnisseelsorger P. Clemens Habinger und Hans Kerscher, der Behinderten- und Gehörlosenseelsorger Pfarrer Christian Burkhardt, der Notfallseelsorger Diakon Reiner Fleischmann, der Verantwortliche für Telefonseelsorge Josef Stautner sowie die Krankenhausseelsorger am Uniklinikum Pfarrer Günter Renner und Dominik Pessler; Dr. Christoph Seidl hatte eine Führung durch das St. Johannes-Hospiz übernommen und erläuterte Zielsetzung und praktische Arbeit an dieser der Sorge für Sterbende gewidmeten Einrichtung.
Eröffnungsvortrag von Dr. Dietmar Schon o.p. Bulgarische Delegation mit Dr.Dietmar Schon o.p
Die beiden Organisatoren der Woche, Prof. Bojidar Andonov und der Direktor des Ostkircheninstituts der Diözese Regensburg, Dr. Dietmar Schon o.p., übernahmen während der Woche die Aufgabe, die Einblicke in katholische seelsorgliche Akzente der Regensburger Diözese und in orthodoxe Erfahrungen in Bulgarien zueinander in Beziehung zu setzen - ein wechselseitiger, für alle Beteiligten fruchtbarer Lernprozess.
Pfr. Christian Burkhardt beim Modul „Behinderten- Besuch der Gruppe im St. Johannes-Hospiz und Gehörlosenseelsorge mit Dr. Christoph Seidl (2. v.l.)
Das Leitmotiv der Studienwoche war in Anlehnung an eine markante Aussage in der Gemeinsamen Erklärung von Papst Franziskus und des russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill formuliert: Unsere Kirchen sind keine Konkurrenten. Tatsächlich zeigte sich, dass sich beide Kirchen in derselben Verantwortung für die in Mt 25, 31-46 beispielhaft genannten notleidenden Menschen sehen und daraus dieselben Schlüsse not-wendiger seelsorglicher Präsenz der Kirche ziehen. Die Umsetzung erfolgt jedoch zeitversetzt: während nach Krieg und Wiederaufbau die katholische Seelsorge kontinuierlich fortentwickelt werden konnte, bedeutete das atheistisch-kommunistische Regime in Bulgarien bis zur Wende 1991 ein Verdrängen der Kirche aus dem öffentlichen Bereich und bedrückende Einschränkung ihrer Tätigkeit. Umso stärker ist nun das bulgarisch-orthodoxe Interesse, die wiedergewonnene gesellschaftliche Bewegungsfreiheit für eine Fortentwicklung der bereits vorhandenen Einzelinitiativen in den verschiedenen Seelsorgsfeldern zu nutzen; dazu stellt sich die Frage nach zusätzlichen Ausbildungsmodellen an der orthodoxen Fakultät, um so die notwendige fachliche Qualifikation von Seelsorgern und ehrenamtlichen Mitarbeitern in Sofia aufzubauen. Entsprechend wurde während der Studienwoche nicht nur die praktische Seite von „kategoriale Seelsorge“ beleuchtet, sondern auch der dazu nötigen Ausbildung große Aufmerksamkeit gewidmet.
Bild links: Bischof Voderholzer wird eine Christusikone als Gastgeschenk überreicht. Bild rechts: Bischof Rudolf Voderholzer führt die Gruppe durch das "Institut Benedikt XVI."
Das Motto „Unsere Kirchen sind keine Konkurrenten“ wurde darüber hinaus in Begegnungen und persönlichem Gespräch erfahrbar. Bischof Rudolf Voderholzer empfing die Gruppe im „Institut Benedikt XVI.“ und führte sie selbst durch diese Forschungseinrichtung. Ein anschließendes gemeinsames Abendessen bot Gelegenheit zu vertieftem Gedankenaustausch. Die Gruppe feierte zusammen mit der seit vielen Jahren in Regensburg präsenten bulgarisch-orthodoxen Gemeinde in der Peterskirche nahe dem Hauptbahnhof die sonntägliche Göttliche Liturgie, an der auch der Direktor des Ostkircheninstituts der Diözese Regensburg, Dr. Dietmar Schon o.p., als Gast teilnahm; die auf die Liturgie folgende Agapefeier vertiefte auch hier die Begegnung in Gespräch und gemeinsamem Fest.
Feier der Göttlichen Liturgie mit bulg.-orth. Gemeinde Segnung der Speisen für die Agapefeier
Eine Besichtigung des zuerst von katholischen Laien gegründeten und seit mehr als 800 Jahren in Regensburg bestehenden St. Katharinenspitals zeigte den bulgarischen Gästen anschaulich die Bedeutung privater Initiativen in der Sorge für kranke Menschen, die vom „zweiten Gründer“ des Spitals, Bischof Siegfried von Regensburg ein Jahrhundert später aufgegriffen und erneuert wurde. Eine von Frau Ulrike Müller geleitete Stadtführung brachte die Gruppe mit weiteren Regensburger Sehenswürdigkeiten in Kontakt. Auch geistliche Akzente fehlten dabei nicht: der Gang zur Gedenktafel für den in Bulgarien hochverehrten Hl. Methodius erinnerte an dessen Beteiligung an der Regensburger Synode von 870; die Verehrung der segnenden Hand des Hl. Johannes Chrysostomos, einer bedeutsamen Reliquie im Dom, machte die Zeit der ungeteilten Christenheit lebendig; der Besuch der Alten Kapelle führte mit der dortigen, in byzantinischem Stil gemalten Marienikone die Katholiken und Orthodoxen gemeinsame Verehrung der Gottesmutter symbolisch vor Augen.
Ökumenischer Dialog im engeren Sinn stellt keineswegs die einzige Möglichkeit dar, Brücken der Annäherung zwischen orthodoxer und katholischer Kirche zu bauen. Kirchenübergreifende Verständigung geschieht auch in wechselseitiger Teilhabe an den jeweiligen kirchlichen Erfahrungen und in Gestalt gemeinsamer Lernprozesse. Insoweit hat sich die Studienwoche als wegweisende Ergänzung anderer Formen orthodox-katholischer Begegnung erwiesen, ein Gesichtspunkt, der nicht zuletzt in Gestalt ideeller und finanzieller Förderung des Projekts durch Renovabis Anerkennung gefunden hat.