SoSe 2018

Seminar theologische Fakultät

Die Orthodoxie auf dem Weg kirchlicher Erneuerung

- Die Orthodoxe Synode auf Kreta 2016 und ihre Vorgeschichte -

Im Juni 2016 fand auf der Insel Kreta die langerwartete Synode der Orthodoxen Kirche statt. Ihre Dokumente bezeugen das Engagement, mit dem die Orthodoxie die Herausforderungen des 21. Jh. annehmen und gestalten will. Wie schwierig der Weg einer solchen kirchlichen Erneuerung aber sein kann, bezeugt die mehr als einhundertjährige Geschichte der Vorbereitung dieser Synode; sie ist zugleich auch eine Geschichte intensiver Auseinandersetzung der Orthodoxie mit ihrem kirchlichen Selbstverständnis und mit der modernen Welt.

Das Seminar möchte mit der Vorbereitungsgeschichte vertraut machen, die nach zuletzt durch den Zusammenbruch des Sowjetimperiums und die Möglichkeit engerer Zusammenarbeit der orthodoxen Teilkirchen starke Impulse erhalten hat. Ein Vergleich der vorbereitenden Schritte mit den 2016 beschlossenen Dokumenten zeigt Entwicklungen bei zentralen Fragen auf: Vor welchen Herausforderungen steht die orthodoxe Kirche im 20. bzw. 21. Jh.? Welche Antworten erwarten die Menschen von der Kirche?  

Eine Einbeziehung von einschlägigen Dokumenten der katholischen Kirche bietet Einblicke, dass beide Kirchen vor ähnlichen Schwierigkeiten bei der Formulierung zeitgemäßer Antworten stehen. Angesichts der Herausforderungen der Zeit wachsen - trotz vorhandener Unterschiede im politisch-gesellschaftlichen Kontext von Ost und West - die grundlegenden Gemeinsamkeiten zwischen katholischer und orthodoxer Kirche an - ein möglicher Anknüpfungspunkt verstärkter Zusammenarbeit in der Zukunft.

 

Übung Lehrstuhl Geschichte Osteuropas (phil. Fakultät)

Die Russische Orthodoxe Kirche im Dialog mit dem Islam

Der Islam gehört seit Jahrhunderten zur religiösen Landschaft Russlands und ist heute eine der staatlich anerkannten „traditionellen Religionen“. Die politischen und gesellschaftlichen Umwälzungen nach dem Zusammenbruch des Sowjetimperiums sowie Entwicklungen im Selbstbewusstsein des Islam haben neue Fragen nach dem Verhältnis zwischen der Russischen Orthodoxen Kirche und dem Islam aufgeworfen. Auch in einigen der unabhängig gewordenen Staaten Zentralasiens und in der Kaukasusregion bedarf das Verhältnis zwischen der Minderheit ethnischer Russen und der muslimischen Mehrheit einer Neudefinition. Ähnliches gilt für die Nachbarschaftsverhältnisse Russlands etwa zum Iran oder China. Damit wird bereits greifbar, dass die Beziehungen zwischen den Religionen nicht zuletzt auch politische Interessen berührt.

Ein herausragender Weg, die Beziehungen zwischen den Religionen neu zu justieren, besteht in interreligiösem Dialog, an dem sich die Russische Orthodoxe Kirche seit Jahrzehnten engagiert beteiligt. Dabei greift sie auf viel ältere historische Erfahrungen zurück, in denen das Verhältnis beider Religionen zumeist von wechselseitigem Respekt bestimmt war. Das erklärte Ziel der Bemühungen ist eine „friedliche Koexistenz“,  die durch Konfliktprävention bzw. -deeskalation und durch religionsübergreifende Anstrengungen gegen Extremismus und Terrorismus gesichert werden soll.

Die Übung möchte mit den historisch gewachsenen Beziehungen, aber auch mit Gestaltung und Zielsetzung des seit Jahrzehnten praktizierten interreligiösen Dialogs in Russland und seinen Nachbarländern vertraut machen. Die zu beobachtende enge Verzahnung religiösen Engagements mit staatlichen Bemühungen zeigt die Brisanz des Themas für die Stabilisierung einer im Umbruch befindlichen Region.